Was kann Kunst? Toleranz sichtbar machen

verfasst am 5. März 2022
von Martina Langel

Inhaltsverzeichnis
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    Eduardo Chillida, Dialog und Toleranz

    Was kann Kunst? Toleranz sichtbar machen

    Diesmal begleite ich Sie in den Innenhof des berühmtesten Rathauses in Deutschland: Münster, das haben Sie geahnt? Reisende aus aller Welt haben Münster wegen des sogenannten Friedenssaals oft auf dem Programm.

    Münster, Rathaus mit Friedenssaal

    Rathaus in Münster

    Münster ist die Stadt des Westfälischen Friedens. Zur Erinnerung erwähne ich, dass den Unterschriften auf den Friedensverträgen etwa fünf Verhandlungsjahre in verschiedenen Städten vorangegangen waren. Außerdem hatte Europa fast 30 Jahre Krieg erlebt. Hunderte Verhandlungsführer aller Sprachen und Nationalitäten haben verhandelt und 1648 Frieden geschlossen.

     

    Münster, Informationen zum Frieden von 1648 im Rathaus

    Münster, Rathaus, Information zum Frieden von 1648

    Skulptur „Dialog und Toleranz“

    Im Innenhof stehen zwei große bankartige Skulpturen aus Stahl einander gegenüber. Der Winkel zwischen Sitzfläche und Rückenlehne ist größer als 90 Grad. Ich habe schon oft beobachtet, dass man sich zu einem Picknick auf die Bänke setzt. Das sieht oft sehr lustig aus, weil die Bänke so groß sind, dass keiner an die Rückenlehne heranreichen kann. Außerdem haben die Bänke ja viele Leerstellen in den Sitzflächen und in den Rückenlehnen. Betrachten Sie einmal die Bilder mit der Frage, was das bedeuten kann? Probieren Sie es einmal aus, sollten Sie nach Münster kommen. Es macht viel Spaß, sich zu setzen, weil immer jemand halb über einem Loch schwebt und sich wieder anders hinsetzten muss. Dauernd sind alle in Bewegung.

    Gedankensprung – was wird sichtbar?

    „Toleranz und Dialog“ ist der Titel des Kunstwerks. Was kann Kunst hier zeigen? Ein Dialog findet immer zwischen Menschen statt. Zu Beginn gibt es oft verschiedene Standpunkte in einem Gespräch. Dann werden Gedanken ausgetauscht, dadurch verändern sich die Standpunkte. Es entsteht Bewegung. Es braucht Offenheit füreinander, gegenseitige Akzeptanz, vielleicht auch Weisheit? Toleranz. So erlebt man gute Gespräche, die einen „in Bewegung“ bringen können.

    Die Bänke in Münster zeigen uns, dass wir einander gegenübersitzen können und dabei in Bewegung bleiben sollten. Dann ist auch das Miteinander in Bewegung und Freude und Spaß kommen nicht zu kurz. Solange wir selbst im Denken flexibel bleiben, so wie im Sitzen auf diesen Bänken, wird Toleranz gelebt.

    Frankfurt, Goethes Haus

    Eduardo Chillida zu seinem Werk

    Der baskische Bildhauer Eduardo Chillida hat sich das Werk für genau diesen Ort ausgedacht. Er sagte zu der 1993 fertig gestellten Arbeit sinngemäß: „Die Arbeit zeigt, wie es um den Menschen bestellt sein könnte. Sie gestaltet die Idee des Verstehens unter den Menschen, wenn nämlich einer mit seinesgleichen spricht: in Weisheit, in Toleranz, in gegenseitiger Akzeptanz. Der Ort ist wie eine Einladung an die Menschen, damit sie sehen können, wie man im Geist des Friedens die Dinge, die trennen, besprechen und in eine Eintracht zusammenbringen kann.“

    Skulptur im Raum – nur abgestellt?

    Zwei Stahlwinkel in einen Hof gelegt: Skulptur im Raum. Nicht jede Stelle ist schon ein angemessener Ort, sagt der Künstler. Das wurde deutlich. Das Werk ist einmalig und nur für diesen Ort gemacht. Wir sind gemeinsam auf eine weite Gedankenreise zu Dialog und Toleranz gegangen.

    Impulse zum Raum

    Ich möchte Ihnen noch ein paar weitere Impulse mitgeben. Eduardo Chillida, der seine Jugend an der rauen Atlantikküste Spaniens, im Baskenland verbracht hat, erklärte auch Folgendes: Halten Sie einmal beide Hände mit allen Fingern zueinander gewandt. Dann entsteht Raum dazwischen. Eigentlich ist das nicht ganz richtig, der Raum war schon vorher da. Die Finger und Hände aber umgeben einen Teil des Raumes. Dadurch wird er sozusagen erst sichtbar.

    Goethes Haus in Frankfurt

    Windkämme, Goethes Haus und Berlin

    Über viele Jahre hat Chillida sich mit der Arbeit an großen Skulpturen an der Felsküste befasst, den sogenannten Windkämmen. In Frankfurt schuf er Goethes Haus. Er fühlte sich Goethes geistiger Welt eng verbunden, ebenso der Musik Johann Sebastian Bachs.

    Sicher ist Ihnen die Arbeit „Berlin“ vor dem Kanzleramt in Berlin gut vertraut. Auch hier erkennt man sofort seine Hände wieder. Dem Erleben der Wiedervereinigung mitten in Deutschland ist diese Arbeit verbunden. Was entsteht in den Zwischenräumen?

    Sie können Arbeiten von Eduardo Chillida, der 2002 gestorben ist, an vielen Orten auf der Welt finden. Ergänzen Sie meinen Beitrag mit Ihren Gedanken und Entdeckungen. Sogar ein Altar in der Kölner Kirche St. Peter kann sich hier einfügen.

     

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