Was kann Kunst? Ein kleiner Stein erzählt von den Menschen

verfasst am 10. September 2022
von Martina Langel

Inhaltsverzeichnis
[ausblenden]

    Ein kleiner Stein erzählt von einer großen Baustelle…

    700 Jahre – Jubiläum am Kölner Dom

    Einen kleinen Stein – einen Tuffstein aus dem Siebengebirge – lasse ich heute erzählen.

    Warum, fragen Sie sich? Am 27. September vor 700 Jahren – 1322 – wurde der östliche Teil des Kölner Domes, der Domchor, geweiht. Staunend stehe ich heute unten im Dom. Ich staune, wegen der Idee des Kathedralbaus und des technischen Könnens, das die Menschen zur Umsetzung dieser Idee entwickelt haben.

    Steinversatz mit Haspel

    Bauherren und Baumeister

    Wir kennen Namen von Bauherren und Baumeistern. Es waren unendliche viele Handgriffe von sehr vielen Menschen nötig, um diesen Bau zu errichten. Deshalb möchte ich in Gedanken einen Stein auf seinem Weg zu seinem Platz im Kölner Dom begleiten. Kommen Sie mit!

    Handschrift, Mendelsche Zwölfbrüderstiftung, 1288

    Steinbruch Drachenfels

    Der Tuffstein stammt aus einem Steinbruch am Drachenfels, einem Berg des etwa 50 km entfernten Siebengebirges. Steinbrecher und Hilfsarbeiter lösen die Steine aus dem Berg und lassen sie über Steinrutschen das Rheinufer erreichen. Der kleine Tuffstein setzt mit Trachyten und vielen anderen großen Steinen seine Reise auf dem Rhein zur Kölner Dombaustelle fort.

    Steinrutsche am Drachenfels im Siebengebirge

    Lohn für alle?

    Die Steinbrecher und Hilfsarbeiter bekamen ihren Lohn übrigens üblicherweise am Freitag oder Samstag ausgezahlt. Im Winter gab es etwa ein Drittel weniger Lohn als im Sommer. Weniger Licht, weniger Arbeit, weniger Geld, aber nicht unbedingt weniger Hunger.

    Gerüstbogen für den Gewölbebau wird hochgezogen, Modell in Freiburg

    Kölner Dombaustelle

    Auf der Kölner Baustelle, die um 1300 schon 40 m hohe Säulen und Mauern hatte, geht der Stein durch viele Hände, bis er im Deckengewölbe seinen endgültigen Platz bekommt. Schlag für Schlag werden die Steine bearbeitet.

    Handschrift, 1288, Mendelsche Zwölfbrüderstiftung

    Die Baustelle ist vielfältig: in den Mörtelgruben wird der Mörtel vorbereitet, die Zimmerleute und Schreiner bauen Gerüste. Zum Vergleich ein Blick nach England. An der Westminster Abbey werden 1252/53 bis zu 435 Personen beschäftigt, 130 Steinmetzen, 220 Hilfsarbeiter, Bleigießer, Schmiede, Glaser. Im Herbst zur Erntezeit waren es nur  200 Arbeitende.  Im nächsten Sommer konnten die Zahlen ganz anders aussehen, es ist nur ein kleiner Einblick.

    Chorgewölbe von oben mit unzähligen kleinen Tuffsteinen

    Tuffstein im Gewölbe

    Steine werden hoch hinaufgezogen oder über Schrägen getragen und in einer sogenannten Gewölbekappe mit Mörtel versetzt. Die Gewölbe werden verputzt, von oben grau, von unten strahlend weiß. Heute kann ich auf dem Speicher die kleinen Steine sehen. Mein Staunen bleibt. Sie liegen 700 Jahre an dieser Stelle.

    Chorgewölbe von unten

    Nachdenklich

    Nachdenklich laufe ich über viele Stufen wieder hinunter. Ja wirklich jeder Stein, jede Treppenstufe wurde bearbeitet und dann versetzt. Hatten die Steinmetzten am Feierabend noch Kraft, etwas mit ihren Kindern zu unternehmen? Was passierte, wenn sie krank wurden? Wie abwechslungsreich und laut müssen die Mittagspausen gewesen sein, wenn Frauen und Kinder Essen zur Baustelle gebracht haben?

    Schicken auch Sie ihre Fantasie ins 13./14. Jahrhundert auf die Kölner Dombaustelle. Welche Fragen beschäftigen Sie? Welche Gedanken kommen Ihnen?

    Blick nach Westen, wie unendlich hoch wurde gebaut.

    Lichtreflexe auf den Mauern

    Kommentare

    Noch keine Kommentare.

    Kommentar schreiben

    Name:

    E-Mail-Adresse:

    Webseite:

    Kommentar: