Anna Ancher, Museum Kunst der Westküste, Foto: Lukas Spörl
Museum Kunst der Westküste, Alkersum
Ferien auf einer Insel, mein Urlaubsziel ist Föhr – Wind, Sonne, Wellen und Sand – Erholung pur. Ich entdecke einen Hinweis auf das Museum Kunst der Westküste in dem kleinen Ort Alkersum. Das lockt mich zu einem Spaziergang. Ein gemütliches Café auf großer Wiese unter alten Bäumen sieht sehr einladend aus. Ein fast ausgestorbener Ort kam mit diesem Museum zu neuem Leben. Es ist eine lohnende Geschichte. Der alte Gasthof, in dem alle Feste der Dorfgemeinschaft bei Grethjens gefeiert wurden, stand so lange leer. Jetzt ist er indirekt der Lebensmittelpunkt des Museums.
Was hier geschah…
2008 wurde der Museumskomplex neu gebaut und ein Gasthaus an der Stelle des alten Alkersumer Dorfgasthofs errichtet. Museumsstifter Frederik Paulsen ist an den Ort zurückgekommen, wo seine Großeltern herkamen. Sein Vater musste nach Schweden fliehen. Eine Gemäldesammlung dänischer Malerinnen und Maler, Bilder von Max Liebermann und Erich Heckel, von zeitgenössischen Künstlern, wie Jochen Hein und Anja Jensen ist entstanden.
Anna Ancher, Museum Kunst der Westküste, Alkersum. Foto: Lukas Spörl
Ein großes Bild des Meeres hängt im Eingang des Museums. Ich spaziere durch die Räume der Ausstellung. In verschiedenen kleinen, neu gebauten Museumshäusern, hängen Bilder, die das Meer und die Küste zeigen. Ein Bild ist mit dick aufgespachtelten Farben so eindrucksvoll, dass ich meine, die salzige Meeresluft riechen zu können. Es ist eine der großartigen Arbeiten von Jochen Hein.
Jochen Hein. Foto: Lukas Spörl
Artists in Residence
Seit 2010 fördert das Museum, heute unter der Leitung von Dr. Christiane Morsbach, den Austausch mit internationalen Künstler*innen. Sie werden zu Inspirations- und Arbeitsaufenthalten auf der Insel eingeladen. Sie können in einem modernen Friesenhaus in der unmittelbaren Nachbarschaft des Museums leben. Über 30 Gäste sind schon hier gewesen. Es ist interessant, dass die Arbeiten oft unmittelbar zusammen mit den Menschen auf Föhr entstehen: Fotoarbeiten, die den Alltag zeigen. Ich entdecke große Fotografien, die einen Jungen in der Dunkelheit zeigen. Er steht im Watt, mit den Füßen im Fischernetz seines Vaters. Gefangen in der Tradition? Welchen Gemütszustand hat die Fotografin beobachtet? Sie zeigt das Nachdenken und das Ungewisse, das offenbar gerade das Herz des Kindes erfüllt. Eine andere Arbeit zeigt eine junge Insulanerin als Braut mit der Tracht vielleicht ihrer Großmutter.
Wie schön, dass ich als Urlauberin hier Insulaner auf eine besondere Art und Weise treffen kann. Die Bilder schaffen Verbindungen zwischen den Menschen.
Museum Kunst der Westküste, Alkersum/Föhr, Foto: Lukas Spörl
Gäste und Insulaner als Besucher*innen
Im Laufe eines Jahres stellt das kleine Team des Museums bis zu 8 Wechselausstellungen zusammen. So lohnt es sich, das Museum oft zu besuchen. Die Gäste freuen sich auf den Besuch, wenn sie ihre Ferien auf der Insel verbringen. Es ist eine besondere Kunst, die Insulaner*innen immer wieder neu einzuladen. Projekte mit Schulklassen, Kindergruppen, verschiedenen Berufsgruppen können eine leichte Verbindung zwischen dem Leben auf der Insel und dem Museum schaffen. Man kommt gerne in die Sammlung.
Ausstellung Museum Kunst der Westküste, Foto: Lukas Spörl
Anna Ancher
Aktuell beginnt eine Ausstellung mit Werken einer Malerin aus dem dänischen Ort Skagen. Hier ist Ende des 19. Jahrhunderts auch ein Treffpunkt vieler Künstler gewesen. Nur wenige Frauen haben hier gemalt. Anna Ancher gehörte dazu und nahm von ihrer Palette leuchtende Farben auf. Auch die Kompositionen ihrer Bilder waren ungewöhnlich. Wie gut, dass ihr mal wieder eine eigene Ausstellung gewidmet wird.
Michael Ancher, ihr Mann aus Bornholm
Ein anderes Bild macht mich traurig. Es ist so gemalt, dass ich als Betrachterin dabei bin. Ich stehe in einer nächtlichen Fischerstube zwischen den Frauen. Sie – nein wir alle, schauen auf die gemalte Türe im Bild. Wir haben Angst, die Gesichter sind erschrocken und bleich. Alle ahnen, welche Botschaft die Männer von der wilden See überbringen. Das bedeutet Unglück und Armut für die Witwe und ihre vielen Kinder. Es ist kein schönes Bild. Wie stark kann ich beim Betrachten die Not der Frauen empfinden, obwohl die Zeiten lange vorbei sind. 100 Jahre vielleicht? Dieses Bild hat Michael Ancher 1896 gemalt.
Da die Räume des Museums klein sind, sind immer wieder andere Bilder ausgestellt. Ich bin gespannt, welche Sie dann entdecken werden.
Anna Ancher, Museum Kunst der Westküste, Foto: Lukas Spörl
Aktives Museum
Im Gespräch mit Frau Dr. Morsbach im Rahmen der Reihe „Kleine Museen – online“ habe ich erfahren, wie zahlreich die Angebote des Museums in den letzten Jahren geworden sind. Neben dem Arts in Residence – Programm gibt es viele Angebote für Kinder, die Mindful Moments, einen 3D Rundgang und auch eine Online Sammlung. Nicht immer sind alle Angebote verfügbar, aber immer wieder kommt Neues hinzu.
Schauen Sie vorbei!
„Angeregt durch Zoom-Veranstaltungen von Frau Dr. Langel zu den Museen in Worpswede bei Bremen – mein Geburtsort – und zum Museum Kunst der Westküste in Alkersum/Föhr habe ich einem Wochenurlaub auf Amrum im Juni letzten Jahres noch zwei Besichtigungstage in und um Bremen vorgeschaltet.
Von Amrum aus bin ich dann für einen Tag nach Föhr gefahren, wo ich zuletzt 2010 einen Tag langeradelt bin, ohne allerdings das gerade erst eröffnete Museum in Alkersum zu entdecken. Dieses Mal zu Fuß von Wyk nach Alkersum (gut 5 km). An sich nicht anstrengend, aber es war zufällig der heißeste Tag im gesamten Urlaub…
Das Museum machte schon von außen den guten Eindruck, den die Beschreibung von Frau Dr. Langel erweckt hatte. Das Innere, der Garten, die Ausstellungsräume, die Ausstellung selbst: alles sehenswert! Ein Grund, das Museum immer wieder einmal zu besuchen.
Berührt hat mich Michael Anchers Bild „Der ertrunkene Fischer“ mit den trauernden Frauen um die Witwe herum und den Insulanern in ihrer derben Kleidung.
Später habe ich dann noch gelesen, dass Helga Ancher, die Tochter von Michael und seiner Frau Anna, ebenfalls Malerin, einst das Elternhaus einer Museumsstiftung vermacht hat.
Geheimnisvolle Faszination verleiht auch das Foto der Fotografin Mila Teshaieva, die 2014/15 Insulaner fotografierte, um deren besondere Lebenswege, ihr Handwerk und ihre Liebe zu friesischen Traditionen darzustellen.
Es war ein lohnenswerter Tag, bei dem ich auf dem heißen Rückmarsch noch am Ortsausgang lesen durfte: „Luke´m ens weler iin – Auf Wiedersehen – Kiek mol wedder in – Alkersum“ Man kommt natürlich auch per Bus oder Taxi hin (und wenn es sein muss, auch mit dem Auto…).
In Erinnerungen schwelgend
Dieter Lührs, Bergisch Gladbach-Bensberg
Besser kann man das Museum nicht beschreiben. Ich fahre jedes Jahr nach Föhr, oft auch mehrmals und immer führt mich einer der ersten Wege nach Alkersum ins MKdW. Das Haus, die Sammlung und die sehr gut kuratierten Ausstellungen begeistern mich jedesmal auf’s Neue. Es ist die Verbindung von Tradition und Moderne, die so spannend ist. Ich selbst habe hier im Laufe der Jahre viele Neuentdeckungen gemacht – so z.B. Jochen Hein, Otto Heinrich Engel, P.S. Kroyer und auch jetzt wieder Anna Ancher…. wenn man das Meer und die Küste liebt, dann liebt man auch diesen schönen Ort und seine KünstlerInnen.
Kerstin Harmsen