Ernst Barlach in Güstrow – Museen

verfasst am 10. Mai 2022
von Martina Langel

Inhaltsverzeichnis
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    Ernst Barlach Museum, Güstrow

    Ernst Barlach in Güstrow

    Drei Fragen zum Start!

    Haben Sie schon einmal Ton in Ihren Händen gehalten und ihn lange geknetet? Ton fühlt sich dann langsam wärmer an, er wird formbar und weich, vielleicht so wie ein gut gekneteter Hefeteig. Man kann Ton modellieren, Dinge formen, vielleicht ein Gefäß oder eine Figur.

    Haben Sie schon mal einen Holzklotz gefunden, der Sie mit seiner Maserung fasziniert hat? Sie haben ihn in Ihren Händen gedreht, Harz gerochen und dann versucht, etwas daraus zu schnitzen?

    Meine dritte Frage heißt: wann haben Sie zuletzt das Gesicht eines Menschen in aller Ruhe betrachtet, seine Augen, seine Nase, den Mund und die Mundwinkel, das Lächeln, die kleinen Falten, die Menschen auch vom Lächeln bekommen?

    Atelierhaus

    Warum Güstrow?

    Ich begleite Sie in die Stadt, Güstrow, in der Ernst Barlach viele Jahre gelebt hat. Mit 40 Jahren kam er hierhin, um für seinen Sohn eine gute Umgebung zu schaffen. Da seine Mutter hier lebte, erhoffte sich Barlach Unterstützung von der Oma für den Enkel. Zunächst wohnte er in der Kleinstadt, später baute er außerhalb das Atelier. Noch heute gibt es dieses Atelierhaus und die Wohnhausanlage in der Nähe des Sees. Die Räume stehen dem Museum zur Verfügung. Es war für ihn nicht leicht, in dieser Einsamkeit zu leben, kannte er doch das Leben in Berlin. Oft ging er zum Bahnhof, um die Züge Paris – Berlin vorbeifahren zu sehen. Ernst Barlach pflegte seine Kontakte, in dem er mehr als 2200 Briefe schrieb.

    Ernst Barlach, Bettlerin

    Ernst Barlach als Bildhauer

    Barlach hat als Bildhauer gearbeitet und dafür nicht nur Ton und Holz, auch Bronze und Eisen verwendet. Es gibt in Güstrow sein Wohnhaus mit Atelier und eine Kapelle, wo Arbeiten von ihm zu sehen sind. Ich schaue mir seine Arbeiten gerne lange an und frage mich, wie es ihm gelungen ist, mit so wenigen Linien in einem Gesicht, einen so intensiven Ausdruck zu gestalten. Daher kommt auch meine Frage, wann Sie zuletzt lange ein Gesicht betrachtet haben? Was ist Ihnen von diesem Eindruck in Erinnerung geblieben? Erst mit diesen Fragen merkt man, welcher Prozess in einer bildhauerischen Arbeit steckt: Wesentliches erkennen, weniges übertragen und doch auch etwas neu gestalten. Sehr beeindruckend! Schauen Sie auf das Lächeln in diesem Gesicht.

    Lächeln

    Atelierräume von innen

    Betrachtung

    Ich schaue mir eine Figur an und betrachte zunächst den Umriss. Eine fast runde Linie lässt sich nachzeichnen. Fast könnte man sagen, dass die Bewegung des Menschen, sein Lachen, sein Singen in diese Linie eingebunden ist. Dann suche ich nach den Händen, Füßen oder dem Gesicht. Oft sehe ich davon auch nur einen kleinen Teil.

    Atelierhaus in Güstrow

    Atelierbesuch

    Hier sind viele Arbeiten aus Gips aufgestellt. Dann handelt es sich um Vorarbeiten, Entwürfe und Modelle. Ich lese die Titel „Fries der Lauschenden“ oder die Ehrenmale für die Städte Hamburg oder Magdeburg. Es ist interessant, in anderen Städten Ehrenmale anzuschauen, die er entworfen hat. In Hamburg, in der Kölner Antoniterkirche den „Schwebenden“ oder im Magdeburger Dom.

    Ernst Barlach, Fries der Lauschenden

    Wenn Sie in der Nähe von Güstrow vorbeikommen, besuchen Sie die kleine Gertrudenkapelle im Park und das Museum.

    Gertrudenkapelle in Güstrow

    In dieser Stille und Intensität können Sie Arbeiten von Ernst Barlach sonst nirgendwo sehen. Sie werden dann auch merken, dass als Themen in seiner Arbeit eigentlich nur die Menschen eine Rolle spielen. Auch in seinen Zeichnungen verschwinden nach 1906 alle Landschaften.

    Es begleiten mich die Gedanken, dass es sich lohnt, Materialien, zum Beispiel Ton und Holz eine Zeit lang in den Händen zu halten. Und es lohnt sich, Menschen bewusst ins Gesicht zu schauen. Ich wünsche Ihnen eine interessante Zeit in Güstrow.

    Ernst Barlach, Stralsund, Johanniskloster, Pieta

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