Denkmäler – Wer sitzt auf den Pferden und wo wollen sie hin?

verfasst am 19. März 2022
von Martina Langel

Inhaltsverzeichnis
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    St. Martin, Köln

    Denkmäler in unseren Städten – Impulse zum Weiterdenken und Diskutieren

    Wer sitzt auf den Pferden und wo wollen sie hin?

    Wir nehmen sie als selbstverständlich hin und würdigen sie oft keines Blickes mehr: Reiterdenkmäler aller Zeiten. Die Reiter – ihr Blick schweift in die Ferne, sie träumen von Zeiten der Preußen, Sachsen, Hohenzollern und wie sie alle heißen. Keiner von ihnen hat mit unserem Leben heute noch etwas zu tun.

    Köln, Hohenzollernbrücke

    Statuen

    Wen finden wir noch in unseren Städten? Zahlreiche Steinköpfe! Als sie noch lebendig waren, hatten sie Ziele in ihren Köpfen, die sie verfolgt haben: Macht, Landgewinn, das Wohl ihrer Stadt und ihrer Bürger.

    Chemnitz, Karl Marx

    In manchen Köpfen gab es auch große Klugheit, Poesie, Musik und umfangreiches Wissen. Es sind fast nur Männerköpfe. Ich erinnere mich an die erste Ärztin in Deutschland, die promoviert hat: Dr. Dorothea Erxleben (1715-1762). In ihrer Heimat Quedlinburg gibt es deshalb ausnahmsweise also einen Frauenkopf auf einem Sockel mitten in der Stadt.

    Machen Denkmäler noch Sinn?

    Ich lade Sie ein, Denkmäler als Objekte und Orte wahrzunehmen, die eigentlich für uns da sein sollen, für die Bürgerinnen und Bürger einer Stadt. Viele Denkmäler sind mit einer bestimmten Absicht vor langer Zeit entstanden. Es ging um die Darstellung von Macht und Einfluss. Ist das heute in unseren Städten noch sinnvoll? Wie werden Erinnerungen heute in einer zunehmend virtuellen Welt wach gehalten?

    Frankfurt

    Dresden, Trümmerfrau

    Einführung Denkmal

    Denkmal ist ein Begriff, der in der „Allgemeinen Theorie der Schönen Künste“ (1771/74) von Sulzer definiert wurde. Interessant ist der beschriebene Zweck eines öffentlichen Denkmals: Es soll das Andenken „beständig“ unterhalten werden. In den „Gemüthern“ sollen empfindungsvolle Vorstellungen erweckt werden. Es wird auch von der Absicht gesprochen, Menschen zu „bürgerlicher Tugend“ aufzumuntern. Lange sind diese Überlegungen und die Definition übernommen worden.

    Ein erster kurzer Blick auf Denkmäler allgemein. Sieht man in der Kulturgeschichte einmal von wenigen frühen Reitern ab, Kaiser Marc Aurel, dem Bamberger Reiter oder dem Magdeburger Reiter, dann beginnt die Inflation der Denkmäler, besonders der Reiterdenkmäler, der Siegesstatuen, der Schlachtendenkmäler (Leipzig) erst im 19. Jahrhundert. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die größten Projekte für Luther und Friedrich den Großen geplant.

    Luther vor der Frauenkirche in Dresden

    Es ging also um Persönlichkeiten, die auch aus politischen Gründen besonders geehrt werden sollten. Viele Standfiguren konnten die Nachfolge antreten. Wilhelm Busch fand dafür folgende Worte:

    „Der Plastiker, der uns ergötzt,
    Weil er die großen Männer setzt, (…)
    Daß jeder, der z.B. fremd,
    Soeben erst vom Bahnhof kömmt,
    In der sonst unbekannten Stadt
    Gleich den bekannten Schiller hat.“ (1884, Maler Klecksel).

    Wir schmunzeln heute, stellen aber gleichzeitig fest, dass 150 Jahre später auch wir noch die Herren Schiller und Goethe oft in antiker Kleidung an vielen Orten antreffen können.

    Frankfurt, Den Opfern

    Es stellen sich viele historische Fragen. Wer und wie hat man die Denkmäler finanziert? Waren es die Bürgerschaft, war es die Politik, waren es Vereine? Welche Wettbewerbe und Ausschreibungen hat es gegeben? Oft ist sehr interessant zu sehen, welche Entwürfe ausgeschieden sind. Sehr selten werden Denkmäler abgebaut. Die Materialien, Bronze oder Stein, sorgen für große Beständigkeit. Warum diskutieren wir noch so selten ihre Berechtigung?

    Auguste Rodin, Bürger von Calais

    Man kann auch Ende des 19. Jahrhunderts neue Ansätze erkennen. Neu ist zum Beispiel, eine politische Idee in ein Denkmal zu bringen, wie es Auguste Rodin 1884/88 umsetzt. Es entsteht die Arbeit der Bürger von Calais. Der Bürgermeister von Calais bittet Rodin um ein Denkmal. Es soll seinen Vorgänger ehren. Er hatte sich freiwillig dem König von England ausgeliefert, damit dieser seine Stadt im 100 jährigen Krieg verschone. Rodin arbeitet an jeder Figur sehr individuell. Er schafft keine Heldenfiguren. Tragik wird erlebbar. Rodin stellt seine Figuren nicht auf einen Sockel. Sie stehen auf einem Platz in der Stadt „zwischen“ den Menschen. Das war absolut neu und ist bis heute beeindruckend, wenn man dort den Männern aus Bronze gegenübersteht.

    Köln (eigentlich ein Brunnen, kein Denkmal)

    DENKMAL

    Sicher merken Sie, dass das Thema „Denk – mal“ interessant sein kann. Vielleicht entdecken Sie auch gerade, dass Sie sich darüber eigentlich noch wenig Gedanken gemacht haben. Es lohnt, zu überlegen, was eigentlich wichtig ist, wenn es um das Erinnern der Geschichte, berühmter oder besonderer Persönlichkeiten geht. Wie würden Sie sich das Erinnern im öffentlichen Raum wünschen?

    Manaf Habouni, Monument (8.2.-3.4.2017) Dresden

    Denkmal in der Neuzeit

    In vielen Städten gibt es inzwischen sehr lohnenswerte Orte mit Denkmälern. Es sind im 20. und 21. Jahrhundert seltener Figuren oder Pferde. Es sind Skulpturen vielfältiger Art, es können auch Platzgestaltungen sein, kleinere Architekturen, die man begehen kann.

    Schreiben Sie in den Kommentar Ihre Entdeckungen in den Städten und Ihre Gedanken zu Denkmälern. Brauchen wir sie überhaupt noch? Können wir sie für die nächste Generation zum Reden bringen oder leben wir unser Leben unterhalb der Pferde mit Reitern auf den Sockeln? Sollten sie einfach mal umziehen?

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